Neuer Investor für Ford-Werk Saarlouis zum Greifen nahe – warum es jetzt schnell gehen soll

26.08.2022

Gute Nachrichten für Saarlouis: Wirtschaftsminister Jürgen Barke hat einen neuen Investor für das Ford-Gelände in Saarlouis an der Angel.

Saarbrücken/Saarlouis Gute Nachrichten für Saarlouis: Wirtschaftsminister Jürgen Barke hat einen neuen Investor für das Ford-Gelände in Saarlouis an der Angel. Warum es jetzt eilt, wie der Zeitplan konkret aussieht und was Barke gegenüber Ford vertraglich festhalten will.

Jürgen Barke kommt aufgeräumt und guter Laune zu seinem ersten Sommergespräch während seiner Amtszeit mit Journalisten in die Staatskanzlei. Grund zur guten Laune hat er sowieso. Denn es geht wieder voran bei Ford. Die gute Nachricht, dass ein neuer Investor für das Werk in greifbarer Nähe ist, streut er fast nebenbei gleich zu Anfang in das Gespräch ein in seiner gewohnt ruhigen Art. Fast so, also könnte er es selbst noch nicht glauben.

Doch der Minister hat in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen offensichtlich zahlreiche Gespräche mit Autoherstellern aus der ganzen Welt geführt. „Die kommen aus dem Osten und aus dem Westen“, sagt Barke, ohne deutlicher zu werden.

FORD SAARLOUIS: BARKE DRÜCKT JETZT AUF DIE TUBE BEIM ZEITPLAN

Die gesamte Branche ist gerade gewaltig in Bewegung. Nicht nur, dass neue Technologien wie die Elektromobilität und auch Fahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden, an den Start gehen. Auch die Autohersteller weltweit wollen da von Anfang an dabei sein und ihre Marktchancen nicht verpassen. Deshalb sind einige auch gerade dabei, ob aus den USA oder aus Asien, sich neue Standorte in Europa zu suchen.

Wirtschaftsminister Jürge Barke (SPD) Ist sich jetzt sicher, dass es für viele Ford-Beschäftigten in Saarlouis eine Zukunft gibt. Ein neuer Investor will dort Elektroautos bauen.  

Und da könnte tatsächlich auch Saarlouis eine wesentliche Rolle übernehmen. Zumal Wirtschaftsminister Barke in den vergangenen Monaten immer wieder auch selbst gebetsmühlenhaft darauf hingewiesen hat, dass ein neuer Investor mit dem Ford-Gelände ein Filetstück mitten in Europa vorfinden würde inklusive einer hoch motivierten Belegschaft. Deshalb drückt Barke selbst jetzt auf die Tube beim Zeitplan bis zur endgültigen Entscheidung, die gleich aus mehreren Gründen noch 2022 fallen soll.

ARBEITEN IM WERK SAARLOUIS AM ENDE SOGAR MEHR MENSCHEN ALS UNTER FORD?

Die Interessenten hätten es eilig, in Europa einen Standort zu finden. „Wir haben deshalb keine Zeit zu verlieren“, betont Barke. Zumal in den Gesprächen auch danach gefragt werde, ob denn die guten Leute überhaupt noch bei Ford sind oder schon abwanderten. Noch sind sie da. Und sollte ein neuer Investor tatsächlich bald erfolgreich Elektroautos in Saarlouis bauen, dann hält es Barke sogar für möglich, dass am Ende dieses langen Weges womöglich sogar noch mehr Leute im Werk und auf dem Gelände arbeiten werden als Ford dort heute noch beschäftigt.

In einer ersten Phase der Herstellung von Elektroautos würde jedoch voraussichtlich erst einmal mit 2800 bis 3000 Beschäftigten kalkuliert. Der Wirtschaftsminister hat zudem auch eine gewisse Hoffnung, dass ein Großteil der Betriebe im benachbarten Ford-Industriepark für einen neuen Investor arbeiten könnten. Einige seien heute schon nicht nur für Ford tätig, doch der Großteil ist nach wie vor davon abhängig. Einigen der interessierten Investoren haben man auch schon das Gelände und die Hallen auf dem Saarlouiser Röderberg gezeigt.

SAARLAND-REGIERUNG FÜHRT GESPRÄCHE NICHT NUR MIT AUTOHERSTELLERN

Die Landesregierung führe auch nicht nur Gespräche mit Autoherstellern, sondern mit jedem, der sich vorstellen kann, etwas in Saarlouis zu produzieren. „Es soll uns keiner den Vorwurf machen können, wir hätten eine Chance liegenlassen. Das Ganze kostet uns viel Zeit, verschafft uns aber einen guten Überblick, wie wir am besten mit den Dingen umgehen“, so Barke. Die Landesregierung will in der kommenden Woche auch nochmals Gespräche mit dem Ford-Europa-Management führen über Details einer weiteren Zusammenarbeit. Dabei soll es auch um eine Ankaufoption des Geländes durch die Landesregierung gehen. Nach den Gesprächen werden der Betriebsrat und die Belegschaft eingebunden, bevor sich dann am 6. September der Ministerrat der Landesregierung damit befassen wird, wie es konkret weitergeht.

Geht es nach den Vorstellungen von Wirtschaftsminister Barke, dann bleibt Ford möglichst bis Ende 2025 mit an Bord, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen, auch für die Beschäftigten. Zudem will Barke mit dem Management einen verbindlichen Vertrag abschließen, damit das Unternehmen ab einem bestimmten Zeitpunkt auch kein Vetorecht mehr zur weiteren Nutzung des Geländes hat. Das müsse so ablaufen, damit Ford nicht am Ende noch Entscheidungen des Landes blockiert. „Das würde einen negativen Blick auf den Standort werfen. Das gilt auch für alle anderen Flächen in unserem Land. Dadurch würde unserem Image und dem gesamten Saarland geschadet“, so der Minister.

„ENTSCHEIDUNG FÜR INVESTOR MUSS NOCH DIESES JAHR GETROFFEN WERDEN“

Die Zeit rase jetzt. „Wenn wir eine relevante Transformationsleistung von Ford-Beschäftigten hin zu einem neuen Investor, der Autos baut, hinbekommen wollen, dann muss die Entscheidung für den Investor noch dieses Jahr getroffen werden, damit wir 2023 mit den Planungen beginnen können“, so der Minister. „Wir brauchen auch gute Vereinbarungen mit den Betriebsräten, weil wir heute noch 4600 Leute im Werk haben. Und ich sehe noch nicht, dass wir bis Ende 2026 erneut so viele Beschäftigte haben werden. Das lässt sich überhaupt nicht organisieren. Denn wenn der neue Investor 2024 mit dem Personalaufbau starten kann, dann startet man nicht direkt mit so vielen Leuten, wie man sie braucht, wenn das Produkt zwei Jahre später aus der Halle läuft. Das Personal muss man nach und nach aufbauen“, sagt Barke.

„Da müssen wir dann sehen, wie wir die Menschen durch Qualifikation im Unternehmen halten. Außerdem müssen wir mit Ford zusammen klären, wie wir Transferstrukturen für den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen. Auch in diesem Punkt müssen wir mit den Betriebsräten zu guten Vereinbarungen kommen“, betonte der Minister.

UNSICHERHEIT AUCH BEI FORD IN VALENCIA

Er nutzte zugleich die Gelegenheit, um die jüngsten Ford-Beschlüsse zu kommentieren. Demnach hat das Ford-Management den Zeitplan für die Einführung der Elektrofahrzeuge inklusive der Millionen-Investitionen in Valencia um ein Jahr verschoben. Man wisse jetzt überhaupt nicht, ob die Pläne überhaupt noch umgesetzt werden. Der gesamte Bieterwettbewerb zwischen Saarlouis und Valencia sei jedenfalls überflüssig und zudem menschenverachtend gewesen.

Autor: Von Thomas Sponticcia, Redakteur Wirtschaft, SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 
26. August 2022 um 20:05 Uhr
Quelle:

https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saar-wirtschaft/ford-werk-saarlouis-neuer-investor-warum-es-schnell-gehen-soll_aid-75708293