Wie fällt die Bilanz der Landesregierung aus?

29.04.2023

In der Sendung „Saartalk“ wurde am Donnerstag die Arbeit der SPD-Landesregierung nach einem Jahr im Amt bilanziert. Während die Wirtschaftspolitik bei den Diskussionsteilnehmern gut ankam, gab auf anderen Politikfeldern Kritik.

SAARBRÜCKEN | Nach einem Jahr im Amt hat die SPD-Landesregierung eine durchweg ordentliche Bilanz aufzuweisen. Zu diesem Ergebnis kamen am Donnerstagabend die Gäste im „Saartalk“, dem gemeinsamen Diskussionsformat von Saarländischem Rundfunk und Saarbrücker Zeitung. Über die Arbeit der Landesregierung sprachen mit SR-Chefredakteurin Armgard Müller-Adams und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst die Gäste Uwe Jun, Politologe Universität Trier, die SR-Landespolitik-Reporterin Diana Kühner-Mert, Gianna Niewel, Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung für das Saarland sowie Christoph Schmidt-Lunau, Saarland-Korrespondent der taz.

„Bisher lief bei der Landesregierung noch nicht alles rund“, so der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun, „aber man sollte eine Regierung an dem messen, was sie selbst versprochen hat. Und da steht sie nicht schlecht da. Die SPD versucht mit relativ hoher Geschwindigkeit das umzusetzen, was sie in ihrem Wahlprogramm versprochen hat.“ Insbesondere Ministerpräsidentin Rehlinger schaffe es geschickt, das Land nach innen und außen gut darzustellen.

Der These des CDU-Oppositionsführers Stephan Toscani, bei der Politik der Landesregierung sei „die Verpackung besser als ihr Inhalt“, stimmten alle Gäste der Sendung in gewissem Maße zu, sahen aber keine allzu großen Unterschiede zwischen der bisherigen Leistung der Regierung und der Art und Weise, wie Erfolge öffentlich „verkauft“ würden.

Alle Diskussionsteilnehmer hoben die Wirtschaftspolitik und den drei Milliarden Euro schweren, schuldenfinanzierten Transformationsfonds hervor. „Mein Eindruck ist, dass auf diesen Fonds auch von außerhalb des Saarlandes geschaut wird, ob man das nicht auch machen sollte. Ich sehe im Transformationsfonds gute Chancen“, sagt taz-Korrespondent Schmidt-Lunau. SR-Landespolitik-Expertin Kühner-Mert sieht aber auch große Risiken: „Der Fonds erhöht die Schuldensumme des Saarlandes enorm. Das bringt Risiken für die Zukunft mit sich. Die Landesregierung hat hoch und heilig versprochen, dass die Mittel nur für Investitionen, die den Strukturwandel vorantreiben, genutzt werden. Die Frage ist, ob die Landesregierung diese Disziplin vor dem Hintergrund anstehender Wahlen auch aufrechterhalten wird, wenn es andere Begehrlichkeiten gibt.“

Für die Saarland-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, Gianna Niewel, ist der Transformationsfonds ein Zeichen für die Verletzlichkeit der Industrie insgesamt. „Es ist nun wichtig, sich in der Wirtschaftspolitik zu diversifizieren“, so Niewel. Es sei richtig, sich nicht nur auf einzelne große Industrieansiedlungen zu konzentrieren.

Während der SPD-Landesregierung in der Wirtschaftspolitik gute Noten gegeben wurden, kamen andere Politikbereiche schlechter weg. Besonders das neue Klimaschutzgesetz kam nicht gut an. Zwar habe die SPD „ihr Herz für den Klimaschutz entdeckt“, so Politologe Jun, doch andere Landesregierungen seien beim Thema weiter. Als Gründe dafür sieht Jun die von der Automobil- und Stahlindustrie geprägte Wirtschaft des Saarlandes mit hoher CO 2-Produktion. Deshalb sei die Landesregierung bei Klimazielen zurückhaltender. „Wenn die Landesregierung zu hohe Ziele am Ende verfehlt, kann man ihr das eher vorhalten, als wenn sie von Beginn an weniger ambitioniert ist“, so der Politologe.

Bis jetzt habe die Landesregierung überhaupt auch nicht erklärt, wie die schon niedrig gesetzten Ziele des Klimaschutzgesetzes erreicht werden sollen, so Diana Kühner-Mert. „Man legt ein Gesetz vor und sagt: ‚Und wie wir das machen, das sagen wir später’. Das ist ein schlechtes Signal an die Bevölkerung“, so die SR-Journalistin.

Nicht nur die Landesregierung, auch die Arbeit der Opposition wurde von der Saar-Talk-Runde bewertet. „Das erste Jahr war für die CDU durchwachsen“, so Uwe Jun, „wenn man so lange regiert hat, muss man sich erst mal an die neue Rolle gewöhnen. Und auch das Personal ist neu. Wenn ein Oppositionsführer zuvor Landtagspräsident war, muss er sich auch erst mal an diese neue Rolle gewöhnen.“ Die CDU bringe sich aber immer mehr auch aus der Opposition konstruktiv ein und äußere nicht nur Kritik, so Jun.

Autor: FLORIAN RECH SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 29.04.2023 Seite B2
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/999427/10-11