Kreis ächzt unter den steigenden Sozialkosten

16.12.2022

Der Kreistag Merzig-Wadern hat den Haushalt beschlossen. Viel Kritik gab es für Vorgaben von Land und Bund.

Der Kreistag Merzig-Wadern hat den Haushalt für 2023 mit großer Mehrheit (bei vier Enthaltungen) beschlossen. Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich erörterte die Eckdaten des Etatentwurfes: Die Kreisumlage (79,7 Millionen Euro) decke im kommenden Jahr 55 Prozent der Gesamtausgaben des Landkreises Merzig-Wadern (146,6 Millionen Euro), das übrige Geld erhält der Kreis über Schlüsselzuweisungen, Gebühren, Förder- und Drittmittel. Alleine 78 Prozent der Umlage werden für den Bereich Jugend und Soziales benötigt. Die Investitionen gehen von 10,5 Millionen Euro im laufenden Jahr auf 5,4 Millionen zurück. Als Hauptgrund nannte Schlegel-Friedrich, dass Vorhaben, die aus Digitalisierungstöpfen finanziert werden, umgesetzt seien, sodass solche Investitionen – immerhin 5,4 Millionen Euro in 2022 – im Haushalt entfallen. Mehr als 90 Prozent der Aufwendungen des Landkreises entfielen mittlerweile auf Pflichtaufgaben, die gesetzlich vorgeschrieben seien, betonte die Landrätin. Es sei kaum möglich, weitere Mittel im Kreishaushalt einzusparen.

Die Erhöhung des umlagerelevanten Haushaltsvolumens von 124,5 Millionen Euro in 2022 auf 146,6 Millionen Euro für 2023 ist für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Gisbert Schreiner ein „historischer Anstieg im negativen Sinn“. Die Steigerung der Kreisumlage um 18 Prozent bei einem Anstieg der kommunalen Umlagegrundlage von knapp zehn Prozent führe dazu, dass die Kommunen im kommenden Jahr nicht nur tiefer in die Tasche greifen müssen, sondern auch insgesamt deutlich weniger im eigenen Haushalt bleibt. Der Verwaltung sei trotz aller aktuellen Unsicherheiten ein „handwerklich gut gemachter Haushaltsentwurf“ gelungen, sagte Schreiner. Er griff die gestiegenen Kosten auf, unter anderem im Kita-Bereich, wo sich alleine der Anteil des Landkreises an den Personalkosten um 800 000 Euro erhöht, außerdem bei Jobcenter, Jugendhilfe, ÖPNV und Energie. „Die Verwaltung und der Rat versuchen, Kosten zu vermeiden und Einsparungen zu generieren. Aber die Problemstellung ist immer noch die gleiche: Berlin bestellt, Saarbrücken bestellt, der Landkreis muss ausführen und die Kosten auf die Kommunen umlegen, wobei die Konnexität auf der Strecke bleibt.“ Mit eigenen Anträgen habe man sich deutlich zurückgehalten. Lediglich Investitionsmittel für energetische Maßnahmen (2,2 Millionen Euro) und Fahrradunterstellplätze an kreiseigenen Gebäuden (25 000 Euro) wurden auf Empfehlung von CDU- und SPD-Fraktion in den Haushalt aufgenommen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Torsten Rehlinger stimmte Schreiner in vielen Punkten zu und betonte: „Die Kommunen benötigen definitiv Unterstützung oder eine Entschuldung.“ Rehlinger ging auf geplante Ausgaben und Investitionen ein, um zu zeigen, dass der Landkreis „verantwortungsvoll und zukunftsorientiert“ für die Bürger handeln und Positives bewirken wolle. Es werde intensiv am Gesundheitsamt der Zukunft gearbeitet. Mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz wurde bereits ein Energiemanager, und werde noch ein Klimaschutzmanager eingestellt. Zusätzlich zu energetischen Maßnahmen an kreiseigenen Gebäuden wie etwa der Installation von Photovoltaik-Anlagen stehen Verbesserung und Ausbau der Radwege im Landkreis an. Vereine und Ehrenamtliche werden weiterhin unterstützt. Sorge bereitet Rehlinger neben der Entwicklung in der Krankenhauslandschaft und der Personalnot in Kitas vor allem der ÖPNV: „Bei der nächsten Vergabe werden wir voraussichtlich keinen eigenwirtschaftlichen Betrieb mehr hinbekommen, was eine Kostensteigerung im Millionenbereich für die Kreisumlage bedeutet.“ Er hoffe, dass durch rechtzeitige Planung und Gespräche eine annehmbare Lösung gefunden werden könne.

Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Marita Mayers betonte: „Der Kreishaushalt 2023 lässt uns kaum Spielraum, die gestiegenen Kosten müssen übernommen werden.“ Die zur Verfügung stehenden Investitionsmittel müssten zukunftsfähig eingesetzt werden. Sie begrüßte die geplanten Ausgaben für energetische Projekte und sprach sich für weitere Maßnahmen aus, die langfristig Energie und Kosten einsparen sowie der Klimakrise begegnen: etwa dezentrale Eigenversorgungsanlagen, die Begrünung von kreiseigenen Flächen und Dächern sowie ein nachhaltiges Wassermanagement. Trotz allem könnten Krisen auch eine starke Triebfeder sein. „Wir sollten uns nicht zu Opfern, sondern zu Akteuren von Veränderungsprozessen machen lassen.“

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Reinhold Engel kritisierte ebenfalls, dass die Kommunen durch die stetig steigende Kreisumlage belastet werden. Sie müssten zusätzliche Mittel erhalten, etwa durch höhere Schlüsselzuweisungen. „Der Kreis muss das Land in die Pflicht nehmen“, befand Engel. Bernd Altpeter (FDP) ging nicht auf den Haushaltsvorschlag ein, sondern kritisierte vor allem die Politik von CDU und SPD auf Bundes- und Landesebene. „Ideenlosigkeit und Träumerei“, sagte Altpeter, brächten niemanden weiter. „Nur günstige und sichere Energie sichert den Wohlstand unseres Landes, unseres Landkreises und unserer Kommunen.“ Barbara Hoffmann-Schmidt (parteilos) äußerte die Bitte, mehr für Kinder zu tun. Landrätin Schlegel-Friedrich sagte zum Abschluss: „Die gesamte kommunale Familie geht davon aus, dass, wenn sich das Gesamtsystem nicht verändert, wir auf unserer Ebene nicht mehr in der Lage sein werden, diese vielen Aufgaben auskömmlich zu finanzieren.“

Autorin: RUTH HIEN Saarbrücker Zeitung
erschienen am 16.12.2022 Seite C1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/994241/14-15