MERZIG | Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für die Lebenshaltungskosten setzt den Haushalt der Kreisstadt Merzig unter erheblichen Druck. Im Dezember 2021 hatte der Stadtrat das Zahlenwerk verabschiedet – da war noch nicht abzusehen, was zwei Monate später in der Ukraine geschehen sollte. Nun sahen sich Verwaltung und Stadtrat zum Handeln gezwungen. Denn es bestand die Gefahr, dass aufgrund des enormen Anstiegs von Energie-, aber auch Baukosten die Vorgaben des Saarlandpakts seitens der Stadt nicht mehr eingehalten werden können. Demnach muss Merzig jährlich 466 000 Euro zur Tilgung der Altschulden aufbringen.
„Gerne hätten wir auf diesen Tagesordnungspunkt verzichtet, aber das wäre gegenüber dem Rat und der Bevölkerung verantwortungslos“, sagte Bürgermeister Marcus Hoffeld bei der Beratung des Themas in der Ratssitzung am Donnerstag. Der Ukraine-Krieg und der dadurch ausgelöste Flüchtlingsstrom stellten alle Kommunen vor erhebliche Herausforderungen: Innerhalb kürzester Zeit seien die Kosten in der Bau- und Energiebranche durch Lieferengpässe förmlich explodiert. Dazu kommen Tarifsteigerungen beim Kita-Personal, deren Umfang erst im Laufe 2022 feststand. „Es ist gut und richtig, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertageseinrichtungen mehr verdienen“, sagte Hoffeld. Die dadurch verursachten Mehrkosten müssen aber auch aus dem städtischen Haushalt finanziert werden.
„Der Haushalt 2022 wurde unter knapper Einhaltung der Vorgaben des Saarlandpaktes sowie unter Ausnutzung des zulässigen Kreditrahmens im Bereich der Investitionen im Stadtrat beschlossen und von der Kommunalaufsicht genehmigt“, erklärte Hoffeld. Dabei müssten die Vorgaben des Saarlandpaktes auch im Haushaltsvollzug eingehalten werden. Vor diesem Hintergrund biete der im Dezember verabschiedete Haushalt keinen Spielraum für Mehrkosten, mit denen aufgrund der aktuellen Entwicklungen gerechnet werden muss. „Damit der Haushalt nicht in Schieflage gerät, müssen diese Mehrausgaben an anderen Stellen eingespart werden oder durch zusätzliche Einnahmen kompensiert werden“, betonte Hoffeld. Vor diesem Hintergrund habe die Verwaltung sämtliche Positionen des Haushalts analysiert und die aus heutiger Sicht zu erwartenden Mehrkosten gegengerechnet.
Der dem Rat vorgelegte Vorschlag orientiere sich in erster Linie nach Priorität einer Maßnahme und deren Fortschritt. So standen bereits laufende Maßnahmen nicht mehr zur Disposition. Noch nicht begonnene Maßnahmen müssten gegebenenfalls zurückgestellt werden. Dazu zählt etwa der Endausbau von Straßen, wo allein rund 300 000 Euro eingespart werden. Auch der Umbau des Feuerwehrgerätehauses in Mechern soll später als geplant angegangen werden. Hier strich die Verwaltung 100 000 Euro aus dem Haushaltsansatz heraus, ebenso wie beim geplanten Neubau eines Feuerwehrgerätehauses in Brotdorf.
Das Einsparpotenzial des vom Stadtrat mit 19 Ja-Stimmen bei fünf Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen beschlossenen Sparpakets beträgt rund eine Million Euro. Dieser Betrag stehe für die Deckung von Mehrkosten zur Verfügung. Dabei belaufe sich allein die Steigerung der Baukosten beim laufenden Ersatzneubau der Kita Schneckenhaus und dem parallelen Umbau der Kita St. Josef auf rund eine halben Million Euro. Dies sorgte bei Linken-Ratsmitglied Frank Hackenberger für Stirnrunzeln: „Wie kann das sein?“, warf er ein. Er sprach von einer „Hauruck-Aktion“ und „Flickschusterei“, die einen „Verschiebe-Bahnhof von Ausgaben“ darstelle, aber keinen Ansatz für grundlegende strukturelle Veränderungen biete. Grünen-Fraktionschef Klaus Borger räumte ein, dass vieles „in Schieflage geraten ist durch die aktuellen Umstände“. Aber er kritisierte: „Auf der einen Seite werden unnötig Ausgaben gesteigert, auf der anderen Seite verzichten wir auf Einnahmen durch kommunale Gebühren.“ Die Vertreter von CDU (Jürgen Auweiler) und SPD (Martina Holzner) signalisierten Zustimmung zu den Sparvorschlägen der Verwaltung – wobei auf Antrag von Holzner der zu streichende Betrag für das Gerätehaus Brotdorf um die Hälfte reduziert wurde.
INFO: Streit um Geld für städtische Beigeordnete
Einen heftigen Schlagabtausch haben sich im Merziger Rat CDU und SPD auf der einen Seite und die Oppositionsfraktionen auf der anderen Seite beim Thema Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Beigeordnete geliefert. Letztlich setzte die Große Koalition von der Verwaltung vorgeschlagene Neuregelung durch.
Autor: CHRISTIAN BECKINGER, Redaktion SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 23.07.2022 Seite C1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/988543/14-15
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