Mit Ford ist nicht mehr zu rechnen

21.07.2022

Regionaler Leitartikel von SZ Redakteur Thomas Sponticcia

Nach dem Auftritt des Ford-Managers Cahill im Landtag ist klar: das Unternehmen hat kein Interesse mehr am Saarland. Die Landesregierung sollte weltweit nach einem neuen Investor aus der Autoindustrie suchen, der Interesse an einem attraktiven Standort in Deutschland hat.

Auch wenn es sehr bitter ist und verdammt wehtut: Ford beendet nach über 50 Jahren die Solidarität mit dem Land, den Beschäftigten im Werk sowie dem Zuliefer-Park. Das hat der eiskalte Auftritt des Vize-Europachefs Kieran Cahill am Mittwoch im saarländischen Landtag bewiesen. Das Unternehmen hat nichts mehr zu bieten und will den Standort möglichst schnell abwickeln. Das sollten sich alle klarmachen, die noch nach dem Fünkchen Hoffnung suchen.

Dabei ist es an Brutalität nicht zu überbieten, dass der Ford-Manager die über 6000 Beschäftigten im Werk sowie dem benachbarten Zulieferpark mit „Nichts“ in die Werksferien schickt, die Menschen ratlos und vielfach verzweifelt zurücklässt. Es hat noch nie ein Unternehmen im Saarland gegeben, das so unprofessionell aufgetreten ist. Ein Weltkonzern, der sich in jeder Hinsicht disqualifiziert hat. Und der in Sachen Kommunikation in der untersten Schublade zu finden ist. Sowohl den eigenen Beschäftigten gegenüber als auch der Öffentlichkeit. Die Autos durfte man jahrzehntelang gerne kaufen und den Managern ihre Gehälter mit finanzieren. Doch bei den obersten Ford-Managern reicht es offensichtlich nicht einmal zu den primitivsten Formen des menschlichen Anstandes.

Grund zur Verzweiflung besteht dennoch nicht. Unter der Voraussetzung, dass die SPD-Landesregierung jetzt offensiv in ganz Europa und darüber hinaus um einen neuen Investor wirbt, idealerweise ein Autohersteller auf der Suche nach einem attraktiven Standort in Deutschland. Die in unserer Region hoch motivierten Facharbeiter hat er ja dann schon sicher. Und sollte Ford sich durch neue Konkurrenz herausgefordert sehen, gibt es immer noch Möglichkeiten für das Unternehmen, Flagge zu zeigen. Das bisherige Verhalten von Ford sollte sich das Land keine Sekunde länger bieten lassen. Das hat die Region nicht nötig. Und diejenigen, die Ford möglichst schnell verlassen wollen, um in einem anderen Betrieb einen Neuanfang zu machen, sollte man unterstützen. Es gilt, Fakten zu schaffen und zügig mit Verhandlungen über Abfindungen und einen Sozialplan zu beginnen. Alles andere ist Augenwischerei.

Autor Thomas Sponticcia SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 21.04.2022 Seite B1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/988459/10-11