Was aus den Ankündigungen zu Ford wurde

13.04.2023

Vieles wurde nach der Bekanntgabe von Ford, ab 2025 in Saarlouis keine Autos mehr zu bauen, angekündigt. Was ist umgesetzt, was noch nicht? Ein Überblick.

SAARLOUIS | Der Schock saß tief, als der Autokonzern Ford im Juni 2022 bekannt gab, dass er ab 2025 in Saarlouis keine Autos mehr produzieren wird. Seither sind alle Beteiligten im Krisenmodus: Was wird aus dem riesigen Gelände, was aus den Beschäftigten, was aus den Zulieferern? Die SZ hat sich Einschätzungen und Ankündigungen der Entscheidungsträger, allen voran von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und Wirtschaftsminister Jürgen Barke (beide SPD), rund um Ford angesehen und sagt, was daraus geworden ist.

Aussage:„Ich bin mir sicher, dass im Ford-Management in Dearborn in den vergangenen Wochen und Monaten ein Umdenken eingesetzt hat, spätestens seit dem gemeinsamen Termin der Ministerpräsidentin und mir vor Ort. … Ich glaube, auch das Spitzenmanagement hat inzwischen erkannt, dass die Vorteile, Saarlouis zu erhalten, überwiegen.“ (Wirtschaftsminister Jürgen Barke im SZ-Interview, 13. Juni 2022)

Das wurde daraus: Eine Fehleinschätzung. Zehn Tage später entschied sich Ford gegen Saarlouis. Anke Rehlinger sagte damals zu der Atmosphäre im Spitzengespräch: „Am liebsten – so hatte ich zumindest den Eindruck – hätte man sich dort gerne die Ohren zugehalten.“ Heute sieht die Landesregierung den von Ford ausgerufenen Bieterwettstreit zwischen Saarlouis und Valencia als Farce, weil die Entscheidung gegen Saarlouis schon längst festgestanden habe.

Aussage:„Insofern erwarten wir, dass das Management eigene Ideen und Vorschläge entwickelt, wie auch in eigener Zuständigkeit eine größtmögliche Anzahl von Arbeitsplätzen über 2025 hinaus am Standort gesichert werden kann. Die Ideen, die ich dazu bislang kenne …, sind viel zu dürftig, viel zu vage, viel zu unkonkret und betreffen viel zu wenige Beschäftigte.“ (Anke Rehlinger in ihrer Regierungserklärung am 23. Juni 2022)

Das wurde daraus: Ford arbeitet gemeinsam mit der Landesregierung an einem Zukunftspakt für Saarlouis. „Die Landesregierung hat weiterhin die Erwartung, dass Ford dazu nennenswert beiträgt“, heißt es aus der Staatskanzlei. Das Unternehmen hat künftige Pläne für Saarlouis mittlerweile konkretisiert und mit 1000 Arbeitsplätzen beziffert.

Aussage: Zur Rolle der Ford-Zulieferer im Supplier-Park: „Wir werden die betroffenen Unternehmen mit ihren Beschäftigten in den Zukunftspakt miteinbeziehen. … Damit auch das anständig miteinander besprochen werden kann, werden wir eine Zuliefererkonferenz mit den Vertretern der Unternehmen – arbeitgeber- und arbeitnehmerseitig – durchführen, um einerseits zu kommunizieren, auf der anderen Seite aber auch alle Fragestellungen mitzunehmen, die an uns herangetragen werden.“ (Anke Rehlinger, 23. Juni 2022)

Das wurde daraus: Bei einem „Runden Tisch Zulieferer“ am 24. März informierten Wirtschaftsminister Jürgen Barke und Arbeitsminister Magnus Jung (beide SPD) die Unternehmer über die aktuelle Situation am Standort sowie Unterstützungsmöglichkeiten der Landesregierung. Aktuell arbeiten beide Ministerien zusammen mit der Gesellschaft für Transformationsmanagement Saar (GeTS) und der Bundesagentur für Arbeit an Schulungskonzepten für die betroffenen Beschäftigten. Die GeTS hat in den Betrieben bereits Informationen über die Fachkenntnisse der Beschäftigten eingeholt. Zudem hat sie die derzeit verfügbaren Weiterbildungsangebote der regionalen Träger abgeglichen und über Anpassungen beraten. Den Betrieben und ihren Beschäftigten sollen somit „passgenaue Angebote“ gemacht werden, wie die Landesregierung erklärt.

Aussage:„Wir als Landesregierung werden … mit Ford über geeignete Eigentumsstrukturen der jetzt noch im Eigentum von Ford stehenden Flächen verhandeln, um diese Flächen schnellstmöglich … für uns nutzbar zu machen. … Wir werden darüber hinaus prüfen, welche weiteren Flächen im Umfeld des Betriebsgeländes erworben werden können, um sie zu arrondieren und den Standort insgesamt aufzuwerten.“ (Anke Rehlinger, 23. Juni 2022)

Das wurde daraus: „Die Landesregierung hat ihr Augenmerk zunächst auf den Flächenerwerb von Ford gelegt“, erklärt die Staatskanzlei. Zwischenzeitlich wurde vertraglich vereinbart, dass das Werksgelände im Rahmen einer Ford-Nachfolgelösung an einen Investor oder mehrere Investoren übergeht oder aber vom Land erworben werden kann. „Im Rahmen der Verhandlungen mit potenziellen Investoren und deren möglicher Interessen werden auch sinnvolle Arrondierungen geprüft.“

Aussage:„Da die Produktion bis 2025 weitergehen soll, wollen wir dafür sorgen, dass nicht alle Flächen bis dann restlos blockiert bleiben, sondern die Möglichkeit geschaffen wird, auf dem heutigen Ford-Gelände zeitnah neue zukunftsfeste Arbeitsplätze entstehen zu lassen, wenn es die Möglichkeit dazu gibt, und dass Ford selbst im Rahmen der auslaufenden Produktion an deren Entstehung mitwirkt.“ (Anke Rehlinger, 23. Juni 2022)

Das wurde daraus: Das Land und Ford verhandeln gemeinsam mit mehreren potenziellen Investoren. Die Landesregierung strebt an, dass es künftig möglichst viele qualifizierte Industriearbeitsplätze am Standort gibt, ohne einen Beschäftigungseinbruch am Standort Saarlouis im Jahr 2025. „Ein Arrondieren der künftigen Ford-Produktion, um gleichzeitig neue Produktionen ansiedeln zu können, spielt in allen Verhandlungen eine wesentliche Rolle“, so die Regierung.

Aussage:„Aufbauend auf der Strukturwandel-Initiative wollen wir eine weiterentwickelte Saar-Gemeinschaftsinitiative auf den Weg bringen, sie reaktivieren und die Impulse, die davon ausgehen, für den Wandel nutzen.“ (Anke Rehlinger, 23. Juni 2022)

Das wurde daraus: Neun Monate nach der Ankündigung ist das neue Format namens „Zukunftsbündnis Saar“ am 24. März gestartet. Es soll eine „Saarland-Strategie“ erarbeiten. Beteiligt sind unter anderem Kammern, Unternehmensverbände und Gewerkschaften, die Bundesagentur für Arbeit, Landkreistag, Städte- und Gemeindetag, Klimaschutzbündnis Saar, Kirchen und Parteien. Das Zukunftsbündnis Saar beschäftigt sich mit dem Strukturwandel und nicht ausschließlich mit der Zukunft des Ford-Standortes Saarlouis.

Aussage:„Bis zum Jahresende 2022 wollen wir einen ersten konkreten Plan für die Zukunft des Werkes entwickeln.“ Ziel sei es, bis zum Ende des ersten Quartals 2023 das Konzept mit ersten potenziellen Investoren, Betriebsrat und Landesregierung zu vereinbaren. (Ford-Deutschland-Chef Martin Sander im Juli in einer E-Mail an die Mitarbeiter in Saarlouis)

Das wurde daraus: Die in der E-Mail skizzierten Ziele sind zu den gewünschten Terminen nicht erreicht worden. Der Kooperationsvertrag zwischen der Landesregierung und Ford wurde Anfang März 2023 abgeschlossen. Aktuell werden weiterhin mit rund 15 Interessenten aus der Automobilbranche, den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Batterierecycling und erneuerbare Energien Verhandlungen geführt.

Aussage: Am 6. September 2022 einigten sich Landesregierung und Ford auf Eckpunkte für ihre künftige Zusammenarbeit: „Die Eckpunkte bilden die Grundlage für eine detaillierte, rechtsverbindliche Kooperationsvereinbarung, die bis Ende des Jahres von Ford und der Landesregierung unterzeichnet werden soll. In dieser finalen Vereinbarung sollen dem Saarland dann auch Rechte zum Erwerb des Standortes Saarlouis eingeräumt werden.“ (Wirtschaftsministerium, Pressemitteilung vom 6. September 2022)

Das wurde daraus: Der Kooperationsvertrag zwischen der Landesregierung und Ford wurde am 7. März 2023 notariell beurkundet, also ein paar Wochen später als angekündigt. Der Vertrag beinhaltet auch Optionsrechte zum Erwerb der Grundstücke und Immobilien des Ford-Standortes. Im schlechtesten Fall, wenn sich kein Investor für das Werksgelände findet, kann das Saarland das Areal für maximal 95 Millionen Euro zuzüglich Erwerbsnebenkosten kaufen.

Autor: DANIEL KIRCH SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 13.04.2023 Seite B3
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/998787/10-11