Stefan Thielen: „Die Frage einer möglichen Klage steht für uns nicht zur Debatte, solange der parlamentarische Prozess noch nicht abgeschlossen ist“

03.11.2022

„Dabei sind wir besonders auf die Anhörung gespannt und welche Aussagen zur Rechtskonformität wir im Anschluss daraus ableiten können. Es ist kein Geheimnis, dass für uns einige Punkte im Regierungsentwurf höchst strittig sind.“

Der CDU-Finanzpolitiker Stefan Thielen forderte von Weizsäcker mehr Transparenz. Mit der neuen Steuerschätzung stiegen die Steuereinnahmen „auf ein exorbitantes Maß an, wie wir es bisher in der Geschichte des Saarlandes nicht erlebt haben“. Bereits in der Mai-Schätzung seien Mehreinnahmen von zusammen 430 Millionen für 2022 und 2023 errechnet worden. Nun eine Notsituation herbeizureden, werde „mehr und mehr zu Farce“.

Die Frage, die sich nun stellt, ist: Befindet sich das Saarland in einer solchen Notsituation? Die Landesregierung ist sich dessen sicher. Zwei Staatsrechtler aus München und Mannheim haben dem Finanzministerium in einem Gutachten die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Pläne bescheinigt.

Die Frage ist besonders interessant, weil es anders als zu Zeiten der großen Koalition diesmal zu einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof des Saarlandes kommen könnte. Denn erstmals seit 2012 hätte die Opposition wieder genügend Abgeordnete, um eine Klage anzustrengen. Dafür ist ein Drittel des Landtags, also 17 der 51 Abgeordneten, notwendig. Die CDU-Fraktion hat 19 Mandate. Privatpersonen können nicht klagen.

Festlegen darauf, ob sie klagen wird, will sich die CDU-Fraktion aber noch nicht. „Die Frage einer möglichen Klage steht für uns nicht zur Debatte, solange der parlamentarische Prozess noch nicht abgeschlossen ist“, sagt der CDU-Haushaltspolitiker Stephan Thielen (also bis 8. Dezember). „Dabei sind wir besonders auf die Anhörung gespannt und welche Aussagen zur Rechtskonformität wir im Anschluss daraus ableiten können. Es ist kein Geheimnis, dass für uns einige Punkte im Regierungsentwurf höchst strittig sind.“

Besonders kritisch sieht die CDU-Fraktion unter anderem die Frage, ob alle geplanten Ausgaben wirklich den notwendigen Zusammenhang zur Notlage aufweisen, und den langen Tilgungszeitraum bis 2075. Die SPD lege „bildlich gesprochen die Schlinge um den Hals unserer Kinder und Enkelkinder“, sagte Fraktionschef Stephan Toscani.

Klagen gegen den Transformationsfonds könnten vor dem Bundesverfassungsgericht übrigens auch die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag (sie stellt mehr als das notwendige Viertel der Abgeordneten) und jede andere Landesregierung. Dass von außerhalb des Landes gegen ein saarländisches Gesetz geklagt wird, wäre aber sehr ungewöhnlich – auch wenn die Runde der CDU/CSU-Finanzpolitiker aus dem Bund und den 16 Landtagen bei ihrem letzten Treffen „entsetzt“ über die Begründung und den Umfang des geplanten Sondervermögens gewesen sein soll, wie berichtet wurde.

Autor: DANIEL KIRCH
erschienen am 03.11.2022 Seite A1 und B1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/992529/1-
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/992529/8-9