Stadtrat von Merzig sendet „Hilferuf“ an Bund und Land

05.04.2023

Die Mitglieder fordern einstimmig die finanzielle Entlastung der Kommunen. Viele Aufgaben könnten nur noch bedingt erfüllt werden.

MERZIG | Der Stadtrat von Merzig fordert eine unverzügliche, nachhaltige Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. In seiner jüngsten Sitzung beschloss das Gremium einstimmig einen entsprechenden Resolutionstext. Darin heißt es: „Der Stadtrat der Kreisstadt Merzig fordert, die seit vielen Jahren diskutierte und geforderte finanzielle Entlastung der Kommunen sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene schnellstmöglich umzusetzen.“

Vielfach könnten kommunale Pflichtaufgaben wie zum Beispiel gut ausgestattete Feuerwehren, Ausstattung, Betrieb und Infrastruktur von Kindertagesstätten und Grundschulen nur noch bedingt erfüllt werden. „Von größeren ‚Küraufgaben’ zur Steigerung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger kann schon lange nicht mehr die Rede sein“, heißt es weiter.

Die Initiative für diese Resolution war von der CDU-Fraktion im Stadtrat ausgegangen. Diese hatte einen Textentwurf vorgelegt, zu dem die Fraktionen von SPD und Grüne noch Ergänzungen nachreichten. So war es möglich, eine fraktionsübergreifende Zustimmung zu dem Text zu erzielen. Das sei der CDU  wichtig, betonte deren Fraktionsvorsitzender Jürgen Auweiler: „Wenn wir für unsere Kommune entscheiden, dann tun wir das nicht durch die Parteibrille, sondern im Interesse unserer Kommune.“

Er wertete den Beschluss als „deutlichen Aufschrei von unten“. Auweiler erklärte, sowohl der kommunale Finanzausgleich auf Landesebene als auch der Saarlandpakt müssten „zeitnah weiterentwickelt“ werden. Zudem wird die Landesregierung aufgefordert, sich für die konsequente Umsetzung des Konnexitätsprinzips im Bundesrat stark zu machen. Wörtlich heißt es im Text: „Es gilt das Prinzip ‚Wer bestellt, muss auch bezahlen’.“

Bürgermeister Marcus Hoffeld verdeutlichte an einem Beispiel, was dies bedeutet: „Durch den vom Bund beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen kommen auf uns als Schulträger durch notwendige Umbauten und Erweiterungsbauten geschätzte Kosten von rund zehn Millionen Euro zu.“

Nach den aktuellen Regelungen zur Kostenerstattung durch Bund und Land könnte die Stadt aber nur mit Zuschüssen in Höhe von 2,5 Millionen Euro rechnen. „Wir können den Restbedarf von 7,5 Millionen zwar über Sonderkredite abdecken, aber das sind dennoch Darlehen, die unseren Haushalt belasten“, sagte Hoffeld. Er wolle den aktuellen Regierungen auf Landes- und Bundesebene bei dem Thema keinen Vorwurf machen, sagte der Bürgermeister. „Die Vorgängerregierungen hätten lange Gelegenheit gehabt, hier die notwendigen Änderungen umzusetzen.“

Von einem „ernst zu nehmenden Hilferuf des Stadtrates“ sprach Manfred Klein im Namen der SPD-Fraktion. „Wir brauchen starke und funktionierende Kommunen, sie sind die Keimzelle unserer Gesellschaft“, mahnte der SPD-Vertreter. Deswegen bedürfe es einer „nachhaltigen und spürbaren finanziellen Entlastung“ der Kommunen. Die Resolution zeige wesentliche Maßnahmen auf, „die unsere finanzielle Situation verbessern“, so Klein.

Zustimmung kam auch von Grünen-Fraktionssprecher Klaus Borger: „Wir begrüßen diese Initiative ausdrücklich.“ Borger machte darauf aufmerksam, dass etwa die permanent steigende Kreisumlage die Kommunen schon seit Jahren beschäftige. „Das fällt uns jetzt total auf die Füße.“ Darum habe seine Fraktion einen ergänzenden Passus eingebracht, in dem betont wird, es müsse „eine Neuordnung der Finanzierung der Landkreise in der Art erfolgen, dass die Kommunen nicht weiter die steigende Kreisumlage tragen müssen“. rank Hackenberger, Fraktionssprecher der Linken, hob die „bemerkenswert gute Zusammenarbeit aller Fraktionen bei diesem Thema“ hervor.

In der Resolution wird unter anderem eine Altschuldenhilfe durch den Bund für finanziell besonders belastete Kommunen gefordert: „Die weiterhin angespannte Finanzsituation unserer Stadt Merzig muss auch auf Bundesebene Anerkennung finden. Nachdem das Land die Hälfte der kommunalen Kassenkredite der Saar-Kommunen übernommen hat, ist jetzt der Bund an der Reihe“, heißt es in der Passage, die seitens der SPD in den Text aufgenommen worden ist.

An die Landesebene ergeht die Forderung nach höheren Investitionshilfen für Kommunen, zum Beispiel beim Thema sozialer Wohnungsbau. Zum von Hoffeld angesprochenen Thema Ganztagsbetreuung gibt es ebenfalls eine klare Forderung: „Beim Ganztagsausbau an Grundschulen müssen Gelder von Bundes- und Landesebene verlässlich vorhanden sein. Die Kosten sollten hauptsächlich von Bund und Land getragen werden.“

Autor: CHRISTIAN BECKINGER SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 05.04.2023 Seite C1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/998549/14-15