
MERZIG-WADERN | Die Botschaft ist eindeutig: Es ist kurz nach zwölf! Wenn Bund und Länder nicht handeln, verfällt die kommunale Infrastruktur mangels Investitionskraft. Eine gemeinsame Resolution zur kommunalen Haushaltsnotlage hat der Kreistag Merzig-Wadern am Montag einstimmig beschlossen. Damit schließt sich das Gremium Forderungen des Landkreistages sowie des Saarländischen Städte- und Gemeindetages an. Andere Kreistage haben jüngst ähnliche Resolutionen auf den Weg gebracht, darunter Saarlouis und St. Wendel.
Die saarländischen Landkreise, Städte und Gemeinden befinden sich in einer noch nie da gewesenen finanziellen Not-Lage, heißt es in der Resolution „Kommunale Haushalte im Saarland vor dem Kollaps bewahren – Bund und Land müssen handeln!“. Für das Jahr 2023 sind die Kreisumlagen aller Landkreise im Saarland von 677,4 Millionen Euro um etwa 20 Prozent auf 804 Millionen Euro gestiegen. Die Kommunen im Grünen Kreis müssen zwölf Millionen Euro mehr an Kreisumlage schultern. Während Bund und Land ihre Vorhaben über zusätzliche Schulden finanzieren können, sind die Kreise gesetzlich zum Haushaltsausgleich gezwungen – zu Lasten der Kommunen.
Bernd Seiwert (CDU) stellte die Inhalte der Resolution vor und betonte: „Es ist wichtig, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen.“ Eine strukturell bessere Finanzausstattung ist die erste Forderung. Als Beispiele nennt Seiwert, dass der Bund die Altschuldenfrage lösen und die Verteilung der Umsatzsteuer reformieren müsse. Zweitens fordert das Papier mehr direkte Hilfen von der Bundes- und Landesregierung. So müsse der Bund die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten, etwa aus der Ukraine, tragen.
„Beim 49-Euro-Ticket ist die Finanzierung für ein Jahr gesichert, wie geht es dann weiter?“, stellte Seiwert in den Raum. Auch hier klagt das Schreiben eine vollumfängliche Kostenübernahme durch Bund und Land ein. Weitere Punkte sind die Weiterleitung der Digitalpakt-Mittel, um die Digitalisierung an den Schulen umzusetzen, sowie die dauerhafte finanzielle Unterstützung bei der Digitalisierung der Verwaltung. Eine dritte Forderung betrifft kommunale Investitionshilfen durch das Land. Hier lautet das Postulat unter anderem, dass alle Mehrkosten, die durch den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder entstehen, vollständig übernommen werden. Der vierte Punkt: Verbesserungen bei der Feuerschutzsteuer und der Landespflegeplanung.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Torsten Rehlinger ergänzte, wie wichtig die Überarbeitung des Kommunalen Finanzausgleichs sei. Gemäß der Resolution müsse ermittelt werden, ob die Landkreise, Städte und Gemeinden eine Finanzausstattung durch das Land erhalten, die ihren vielfältigen und stetig wachsenden Aufgaben angemessen ist. Derzeit könne man nur erahnen, dass der Kreis Merzig-Wadern zu wenige Mittel erhält, sagte Rehlinger. Grundsätzlich würden auf Landes- und Bundesebene viele gute Gesetze und Maßnahmen beschlossen. „Aber es nützt nichts, wenn wir unsere Kommunen schwächen müssen, weil der Landkreis Merzig-Wadern diese Aufgaben zu erfüllen hat und nicht alles gegenfinanziert wird“, monierte Rehlinger.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Marita Mayers unterstützte diese Position. Die Kreisumlage habe sich zu einem unkalkulierbaren Risiko bei der Haushaltsplanung entwickelt, die Kommunen stünden vor dem strukturellen und finanziellen Kollaps. Eine gelebte Konnexität – wer bestellt, bezahlt – gebe es schon lange nicht mehr. Das derzeitige Finanzierungssystem gehe zu Lasten der Kommunen. „Daher müssen die kommunalen Finanzströme neu geordnet werden, um sie planbarer, gerechter, transparenter und effizienter zu gestalten“, sagte Mayers. Der notwendige Strukturwandel gelinge nur im Schulterschluss.
Barbara Hoffmann-Schmidt (parteilos) sprach sich für ein völlig neues Finanzierungssystem aus. Der Bund müsse vom Gießkannenprinzip abkommen und die Gelder bedarfsorientiert verteilen.
Bernd Altpeter (FDP) plädierte ebenfalls für eine Umverteilung: „Letztendlich muss der vom Steuerzahler aufgebrachte Euro anders verteilt werden“ – zugunsten der Menschen vor Ort. Auch der Linken-Fraktionschef Reinhold Engel bekräftigte die Unterstützung zu der Erklärung.
Die Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich sagte ihrerseits, es bringe eine neue Qualität in die bereits geführte Diskussion, dass sich die gesamte kommunale Familie zu dieser schwierigen Situation positioniere. Mittlerweile gerieten nicht mehr nur einzelne Kommunen in Finanznot. Nahezu alle Städte und Gemeinden signalisierten, dass sie viele Aufgaben auf kommunaler Ebene schon jetzt nicht mehr ausreichend wahrnehmen könnten – und perspektivisch kämen weitere hinzu. Irgendwie sei es in den vergangenen Jahren trotz allem immer gegangen. „Aber ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt, an dem man wirklich sagen muss, es geht aus finanziellen Gründen und oftmals auch aus personellen Gründen nicht mehr.“ Eine der drängendsten Fragen sei für die Landrätin: Wie sollen die Dinge, die jetzt schon auf dem Weg sind, ausfinanziert werden?
Autorin: RUTH HIEN SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 15.02.2023 Seiet C1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/996605/14-15
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