Saarlouis 15 Interessenten gibt es für den Saarlouiser Ford-Standort, darunter offenbar acht Automobilhersteller. Doch Betriebsratschef Markus Thal mahnt: „Interessenten sind noch keine Käufer“. Die Zukunft der 4600 Fordarbeiter ist auch nach der Betriebsversammlung noch offen.
„Bis zum Jahresende 2022 wollen wir dann einen ersten konkreten Plan für die Zukunft des Werkes entwickeln.“ Das schrieb Ford-Deutschland-Chef Martin Sander im Sommer in einer Mail an die Mitarbeiter des Autobauers in Saarlouis. „Ziel nicht erreicht“, sagte am Mittwoch nach einer Betriebsversammlung des Autobauers der Betriebsratsvorsitzende Markus Thal. Denn einen konkreten Plan, wie die Zukunft der rund 4600 Mitarbeiter auf dem Saarlouiser Röderberg aussieht, konnte Ford-Chef Sander den rund 2000 Teilnehmern der Betriebsversammlung nicht präsentieren.
OFFENBAR ACHT AUTOMOBILHERSTELLER AN FORD INTERESSIERT
Mit 15 potenziellen Investoren habe Ford gesprochen, heißt es in einer internen Mail Sanders an die Belegschaft, die der Saarbrücker Zeitung vorliegt. Darunter seien acht Automobilhersteller und sieben andere Unternehmen. „Aktuell gibt es jedoch noch keinen Käufer oder Interessenten, bei dem wir mit Sicherheit davon ausgehen können, in weiterführende Verhandlungen eintreten zu können.“
SANDER DEMENTIERT EIN FRÜHERES AUS
Bekräftigt hat Sander Thal zufolge, dass es für 500 bis 700 Mitarbeiter in Saarlouis auch nach dem Produktionsstopp des Focus’ weiter gehen soll. Ford wolle nun prüfen, ob es auch mehr sein könnten. Ebenso soll es mehrere hundert Arbeitsplätze für Saarlouiser Fordarbeiter in der Fertigung im Werk in Köln geben, wie Sander bereits in der Betriebsversammlung im Oktober ankündigte, an der auch Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) teilnahm. Wie unter welchen Bedingungen ein Wechsel vonstatten gehen kann, soll dem Betriebsrat zufolge in einer Betriebsvereinbarung im Januar festgelegt werden. Für wie viele Saarlouiser ein Wechsel infrage kommt, müsse erst noch ermittelt werden.
FOCUS-PRODUKTION BIS 2025
An der Produktion des Focus bis 2025 will das Unternehmen festhalten. Medienberichte, die Deutschland-Marketingchef Christian Weingärtner zitieren, hatten in der vergangenen Woche offenbar den Anschein erweckt, die Produktion stünde womöglich früher vor dem Aus. Ein früheres Ende hat Sander in seiner Mitteilung klar dementiert. „Wir haben keine Änderung der Laufzeit des Ford Focus geplant. Anders lautende Presseberichte sind schlicht falsch.“ Die Berichte haben laut Thal dazu geführt, dass die Stimmung in der Belegschaft „im Keller ist“. Seitdem verzeichne der Betrieb auch einen erhöhten Krankenstand. Zurzeit laufen in einer Woche noch zwischen 400 und 600 Autos in Saarlouis vom Band. Allerdings kämpft der Autobauer neben dem erhöhten Krankenstand auch mit Lieferengpässen.
WIRTSCHAFTSMINISTERIUM WILL SCHNELL INVESTOR FINDEN
Die Investorensuche läuft also noch. Laut Wirtschaftsministerium gibt es Interessenten aus den Bereichen Elektromobilität, Recycling sowie die modulare Fertigung in der Automobilindustrie. Wann eine Entscheidung fällt, bleibt auch nach der Betriebsversammlung offen. Das Wirtschaftsministerium kündigte auf Nachfrage an: „Für uns ist wichtig, möglichst schnell eine Entscheidung herbeizuführen, da die Interessenten in ganz Europa kurzfristig nach einem geeigneten Standort suchen“. Das weckt Hoffnung, dass es nicht mehr lange dauert.
Betriebsrat Thal mahnt aber zur Ruhe. „Interessenten sind noch keine Käufer.“ Zu große Euphorie wecke eine Erwartungshaltung, die nicht gegeben sei. Auch wenn er sich das natürlich wünschen würde.
KAUFVERTRAG SOLL ANFANG DES JAHRES UNTERZEICHNET WERDEN
Neben dem konkreten Plan, der bis Ende des Jahres stehen sollte, verschieben sich noch weitere Ankündigungen ins neue Jahr. Im September hatten sich Landesregierung und Ford-Management auf ein Eckpunktepapier über die weitere Nutzung des Betriebsgeländes geeinigt. Darin geregelt ist unter anderem das Mitspracherecht bei der Investorensuche. Bis Jahresende sollte das Papier zu einem Vertrag zwischen Land und Ford ausgearbeitet werden. Außerdem hatte sich das Land eine Kauf-Option des Geländes gesichert, deren Details ebenfalls bis Jahresende stehen sollten. Man sei nun in der Finalisierung des Kaufvertrages, hieß es seitens des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage. „Wir gehen aktuell davon aus, dass wir die Verträge im ersten Quartal unterzeichnen.“ Den Preis hat ein unabhängiger Gutachter festgelegt. Ab wann genau das Gelände dann den Besitzer wechselt, ließ das Ministerium aber offen. Möglich wäre das auch schon vor Produktionsende 2025.
BARKE SPRICHT FREITAG IM WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Am Freitag wird Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) dem Wirtschaftsausschuss des Landtags über die aktuelle Entwicklung bei Ford Saarlouis und über den Stand der Verhandlungen mit potenziellen Investoren sprechen.
Autorin: Nina Zapf-Schramm, Redakteurin Wirtschaft, SAARBRÜCKER ZEITUNG
erschienen am 18.12.2022 um 16.58 Uhr
Quelle:
https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saar-wirtschaft/ford-saarlouis-8-auto-hersteller-an-werk-im-saarland-interessiert_aid-81488551
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