
LOSHEIM | Immer und immer wieder lässt Justin Schneider auf seinem Weg in Richtung Bachem den Laubsauger aufheulen. Die Aufgabe für das Mitglied des Museumseisenbahn-Clubs Losheim (MECL) an diesem Winter-Nachmittag: das Gleisbett von Laub und Reisig zu reinigen und die Bahnstrecke frei zu legen. Mit stoischer Ruhe hält er das Gerät in jede Ritze der Schwellen, damit es auch das letzte Blättchen wegpustet. Ohrenschützer halten den Lärm ab, Arbeitshandschuhe und Schutzbrille bewahren vor Verletzungen.
Mit einem Trupp Gleichgesinnter ist er von der Haltestelle Großer Wald ausgerückt, um den Streckenabschnitt der Bahntrasse von Losheim Richtung Bachem auf Vordermann zu bringen. Anfang März steht nach den Worten von MECL-Chef Christian Balle eine Begehung der Strecke von Losheim bis Bachem bevor. Mit von Partie sind laut Balle Vertreter aus Verwaltung und Gemeinderat von Losheim, der Betriebsleiter der Bahnstrecke sowie Vertreter von Eisenbahnaufsicht und Verein.
Die Begutachtung soll Aufschluss darüber geben, wie hoch die Kosten für die Sanierung der Strecke von Losheim bis Merzig sein dürfte. Die 500 000 Euro, die im Wirtschaftsplan der Gemeinde Losheim stehen, sind nach den Worten von Bürgermeister Helmut für die Instandsetzung der Eisenbahninfrastruktur vorgesehen, die der Kommune als Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen (EIU) gehört. Die Substanz des Oberbaus, der sich aus dem Schotterbett, den Schwellen und den Schienen zusammensetzt, werde unter die Lupe genommen – ebenso wie die der Bauwerke. Als Beispiele für mögliche Schadstellen nennt Balle Bahndämme, Wasserdurchflüsse und Schneisen. „Um das gesamte Ausmaß feststellen zu können, was alles instand gesetzt werden muss, müssen wir die Strecke von den Sturmschäden zurückliegender Jahre befreien und das Herbstlaub aus dem Gleis entfernen“, beschreibt der Vorsitzende der Museumsbahner die Arbeiten. Die seit vergangenen Herbst verhängte Sperrung der Strecke beschleunigt nach seinen Worten deren Verfall. „Da keine Züge auf der Strecke verkehren, wird das Laub nicht von den Schienen weg geweht. Die Folge: Die Schwellen können nicht trocknen. Das kann den natürlichen Verwitterungsprozess beschleunigen“, sagt er.
Vor fast sechs Jahren wurde nach den Worten Balles die Strecke von Losheim nach Merzig erstmals gesperrt. „Auf Anweisung der saarländischen Landeseisenbahnaufsicht wurde mit Schreiben vom 31. März an die Gemeinde Losheim am See als Betreiber der Strecke die Einstellung des Eisenbahnbetriebs auf dem Streckennetz der ehemaligen Merzig-Büschfelder Eisenbahn angeordnet.“ Es folgte eine rund 400 000 Euro teure Teilsanierung, durch die ab Ende 2017 die Strecke zwischen Losheim-Großer Wald und Dellborner Mühle wieder befahren werden konnte.
Dann aber 2022 Jahr der nächste Rückschlag: Seit dem 21. September vergangenen Jahres sind die Ausfahrten durch die herrliche Natur rund um Losheim gestrichen. Als Grund nannte der zuständige Eisenbahnkontrolleur die zahlreichen Mängel an den Schienen, die bei den Nachmessungen aufgefallen sind (wir berichteten). Jetzt richten Balle und seine Kollegen ihre Hoffnung auf die Inspektion am 1. März. Diese soll Aufschluss darüber bringen, wie hoch die Kosten für eine Sanierung der Trasse bis Bachem sein werden. 500 000 Euro hat die Gemeinde nach den Worten von Bürgermeister Helmut Harth dafür in den Haushalt eingestellt (die SZ berichtete).
Nach Informationen der SZ stehen schon seit längerem rund 40 000 Euro jährlich für die Unterhaltung der Strecke im Haushalt der Gemeinde Losheim. Davon erhalte allein der Betriebsleiter 25 000 Euro. Rechne man die 10 000 Euro hinzu, die die Weiche in Merzig pro Jahr koste, sowie Arbeiten wie Freischneiden entlang der Trasse, bleibe nicht mehr viel Geld für Wartungsarbeiten an den Gleisen und Schwellen übrig, sagt der MECL-Vorsitzende Balle. Damit gehe der größte Teil des Betrages in den laufenden Betrieb statt in die Unterhaltung der Strecke. „Um der Gemeinde Kosten zu sparen, halten wir die Strecke sauber“, sagt Balle. „Wir übernehmen viele zusätzliche Aufgaben, um die Gemeinde zu entlasten.“
Während sich Justin Schneider ab der Haltestelle Großer Wald Schritt für Schritt vorarbeitet, um dem Laub Herr zu werden, schultern der Vorsitzende und Vereinskollege Dominik Lauer Motorsense, Astschere und anderem Arbeitsgeräte und machen sich auf den Weg zu ihren Einsatzorten. Mit von der Partie an diesem Nachmittag ist auch Erhard Pitzius, Sprecher der Nahverkehrsinitiative Plattform Mobilität, und seine Mitstreiter Christian Jürgens und Günter Flesch.
Bereits der Weg zu den Arbeitsstätten ist für die Männer eine Herausforderung – mit zusätzlichen Aufgaben, die zu erfüllen sind. Eine junge Erle an der Route, gebeutelt durch einige Stürme, scheint den nächsten Windstoß nicht zu überstehen. Krumm und schief, droht sie auf die Gleise zu stürzen – eine Sache, die die Leute vom MECL unbedingt verhindern wollen. So klappt Dominik Lauer das Visier seines Schutzhelmes vor das Gesicht, schmeißt die Motorsäge an, fällt den Baum und macht Kleinholz aus ihm. Ein gutes Stück von ihm entfernt, gehen derweil Balle, Pitzius, Jürgens und Flesch ans Werk und schneiden einen Wirtschaftsweg frei. Damit am Mittwoch, wenn die Begehung erfolgt, der Blick aller Beteiligten auch frei und unversperrt ist für den Zustand der Strecke.
Autorin: MARGIT STARK SAARBRÜCKER ZEITUNG
Bilder: DIETER ACKERMANN
erschienen am 27.02.2023 Seite C1
Quelle:
https://e-paper.saarbruecker-zeitung.de/webreader-v3/index.html#/997071/16-17
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